Service Letzte Änderung: 09.12.2022 11:58 Uhr Lesezeit: 3 Minuten

Was macht eigentlich … ein Antibiotic-Stewardship-Berater?

Johann Korkow ist als Facharzt für Urologie in einer Gemeinschaftspraxis in Kempen tätig. In diesem Jahr hat er eine Fortbildung im Bereich „Antibiotic Stewardship“ bei der Ärztekammer Nordrhein belegt. Er berichtet, was das ist und worauf er bei Antibiotika-Verschreibungen achtet:

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© privat
Johann Korkow, Facharzt für Urologie

„Im Medizinstudium spielt das Thema Antibiotika zwar eine Rolle, aber es bleibt relativ theoretisch: Welche Antibiotika helfen gegen welche Krankheiten? Wie ein verantwortungsvolles Antibiotika-Management funktioniert, spielte bei mir im Studium fast keine Rolle.

Wie wichtig es ist, Antibiotika verantwortungsvoll zu verschreiben, ist mir erst während meiner Facharztausbildung im Klinikum bewusst geworden. Dort wurden Verbrauchsstatistiken geführt. Es kam zum Beispiel durchaus mal ein Hygienebeauftragter in die Abteilungen und fragte nach: ‚Warum ist der Verbrauch in der Abteilung 1 viel höher als in Abteilung 2?‘ oder ‚Warum haben Sie viel mehr Antibiotika vergeben als im vergangenen Jahr?‘ In dieser Zeit begann ich, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Inzwischen arbeite ich nicht mehr in der Klinik, sondern in einer Praxis. Doch auch dort gehören Antibiotika-Verschreibungen zu unserem Alltag. Als Urologen behandeln wir täglich zahlreiche Patientinnen und Patienten mit Entzündungen, unter anderem an Nierenbecken, Prostata oder Nebenhoden. Ein Großteil dieser Erkrankungen sind durch Bakterien verursacht und können somit prinzipiell mit Antibiotika behandelt werden. Aber ist das wirklich immer nötig?

Um mich noch tiefer ins Thema einzuarbeiten, habe ich im Frühjahr die Grundausbildung zum Thema ‚Antibiotic Stewardship‘ absolviert. Darin haben wir unter anderem unser theoretisches Wissen vertieft, aber auch ganz konkrete Fallbeispiele besprochen.

Braucht der Patient oder die Patientin dringend Antibiotika oder bekommt man die Entzündung vielleicht auch ohne in den Griff? Kann ich mit meiner Entscheidung noch zwei, drei Tage warten, bis die Laborergebnisse vorliegen, die bestätigen, dass es sich um eine bakterielle Entzündung handelt? Bei Viren sind Antibiotika schließlich wirkungslos. Oder ist die Erkrankung bereits so akut und zum Beispiel mit hohem Fieber verbunden, dass ich sofort Medikamente verschreiben muss – im Zweifel auch ohne Laborergebnisse?

Die Menschen nehmen unheimlich viele Antibiotika zu sich, sei es durch Medikamente oder zum Beispiel durch Fleischkonsum. Die zunehmenden Resistenzen entwickeln sich zu einer der größten Herausforderungen der modernen Medizin. Jede Ärztin und jeder Arzt kann durch vorsichtige Verschreibungen zumindest einen kleinen Teil dazu beitragen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Meine Erfahrung ist: Wenn ich den Betroffenen gut begründe, warum ich kein Rezept ausstelle, verstehen das die meisten. Und wenn es berechtigt und notwendig ist, verschreibe ich selbstverständlich Antibiotika – zum Beispiel, wenn alle Untersuchungsergebnisse vorliegen. Es ist ja toll, dass wir diese Möglichkeit haben.“

Thema des Monats: Umgang mit Antibiotika

Antibiotika-Resistenzen werden zu einer immer größeren Herausforderung in der Medizin. Deswegen widmen wir uns diesem Thema im Dezember 2022.

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