Service Letzte Änderung: 19.06.2023 17:16 Uhr

Erfahrungsbericht: Umgang mit Laktose- und Histamin-Intoleranz

Nach Menschen, die Erfahrungen mit Lebensmittelallergien oder –Intoleranzen haben, muss man nicht lange suchen. Auch Sven Margref und Andrea Koch aus dem Team „Kommunikation und Veranstaltung“ der KV Nordrhein sind betroffen. Im Interview erzählen sie, wie ihre Unverträglichkeiten diagnostiziert wurden und wie sie heute im Alltag damit umgehen.

data-gallery-buttons="["zoom","fullScreen","download","close"]"
© KV Nordrhein
Sven Margref trinkt Kaffee aufgrund seiner Laktose Intoleranz schon lange ohne Milch.

Gegen welche Lebensmittel haben Sie beide Allergien?

Margref: Wir haben beide streng genommen keine Allergien, sondern Intoleranzen. Andrea verträgt kein Histamin, bei mir ist es Laktose.*

Woran haben Sie das gemerkt?

Margref: Bei meiner früheren Arbeit haben wir fast jeden Nachmittag zusammen Cappuccino getrunken. Das war fast ein Team-Ritual. Mir ging es danach oft nicht gut. Ich hatte Magengrummeln und brauchte eine Toilette in der Nähe. Irgendwann habe ich es selbst auf die Probe gestellt und abends einen halben Liter Mich in kurzer Zeit getrunken. Es folgte eine schlaflose Nacht mit den typischen Symptomen einer Laktose-Intoleranz: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Übelkeit. Danach zwar völlig klar, dass ich keine Milch vertrage. Dafür brauchte ich ehrlich gesagt keine ärztliche Diagnose mehr.

Koch: Bei mir war es leider nicht ganz so einfach. Ich bekam nach einem Marokko-Urlaub Magen-Darm-Probleme und habe mir zunächst nichts dabei gedacht, weil ich davon ausging, dass ich mir im Urlaub etwas eingefangen hatte. Doch die Situation wurde nicht besser und die Ärzte fanden nichts, es stand nur eine allgemeine Reizdarm-Diagnose im Raum. Irgendwann bekam ich Rückenschmerzen, die ich mir überhaupt nicht erklären konnte. Ich bin sehr sportlich und hatte zuvor noch nie Rückenschmerzen. Die Physiotherapie hat keine Verbesserung gebracht. Dass meine Magen-Darm-Schwierigkeiten und die Rückenschmerzen zusammenhingen, habe ich erst später erfahren.

Wie kam es dann zur Diagnose, Frau Koch?

Koch: Quasi aus Verzweiflung habe ich einen Osteopathen aufgesucht und selbst bezahlt. Er hat ausführlich mit mir gesprochen und ist auf die Idee gekommen, dass die Symptome in Zusammenhang stehen könnten und vielleicht durch die Ernährung ausgelöst werden. Aus dem privaten Umfeld ist mir dann ein Allgemeinmediziner empfohlen worden, der besonders gründlich untersucht. Er war und ist wirklich klasse! Eine spezielle Augendiagnostik hat den Verdacht auf allergische Reaktionen im Körper bestätigt, eine Blutuntersuchung ergab einen DAO-Enzymmangel – also das Enzym, das für den Abbau von Histamin zuständig ist.

Wie sind Sie beide nach der eigenen Feststellung beziehungsweise der ärztlichen Diagnose damit umgegangen?

Margref:  Anfangs hatte ich ständig entsprechende Laktose-Tabletten dabei, die ich eingenommen haben, wenn ich etwas laktosehaltiges essen oder trinken wollte – egal, ob Eiscreme oder Sahnesauce an den Spaghetti. Irgendwann fand ich es nervig, immer an die Tabletten zu denken und ich habe mehr und mehr auf die entsprechenden Lebensmittel verzichtet. Dann gibt es eben auch im Restaurant Tomaten- statt Sahnesauce und den Kaffee trinke ich inzwischen schwarz. Da habe ich mich längst dran gewöhnt.

Koch: Ich habe meine Ernährung erstmal total eingeschränkt: Reis, Hähnchen, Kartoffeln – ohne Saucen oder Gewürze. Dann habe ich mich Stück für Stück durchgetestet und in kleinen Abschnitten Lebensmittel hinzugenommen. Es hat etwa zwei Jahre gedauert, bis ich im Alltag ein sicheres Gefühl dafür hatte, was ich in welchen Mengen vertrage. Es kommt dabei nicht nur auf die Lebensmittel an sich an. Es gilt auch: Je frischer, desto besser. Aufgewärmte oder eingeweckte Lebensmittel sind für mich schwierig. Ich gehe viel bewusster einkaufen und bereite in der Regel selbst mein Essen frisch zu.  Seitdem geht es mir gut. Meine Diagnose ist jetzt fast 13 Jahre her.

Laktoseintoleranz ist keine Seltenheit…

Margref:  Nein, überhaupt nicht! Tatsächlich können die meisten Menschen weltweit Milch und Milchprodukte nicht gut vertragen – schätzungsweise 75 Prozent weltweit. Ich gehöre also zur Mehrheit. Wissenschaftler haben die Theorie, dass erst eine Genmutation Milch für gewisse Bevölkerungsteile verträglich gemacht hat – vor allem in Europa. Deswegen sind hier die Zahlen umgekehrt: Etwa 80 bis 85 Prozent vertragen Laktose. Allerdings sind die Zahlen Schätzungen und die Theorie bisher noch nicht bewiesen.

Bei Histamin sehen die Zahlen anders aus…

Koch: Bei Histamin gehen Experten davon aus, dass etwa ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland betroffenen ist – also 800.000 Menschen. Dazu kommt die Dunkelziffer.

Sie haben beide Ihre Diagnosen bereits einige Jahre. Was hat sich seitdem im Umgang mit Lebensmittel-Intoleranz verändert?

Margref: Für Menschen mit Laktose-Intoleranz hat sich viel getan. Laktosefreie Milch gehört auch bei Discountern zum Standard, die Produktpalette ist insgesamt wesentlich breiter geworden. Bei glutenfreien Produkten beobachte ich eine ähnliche Entwicklung. Man muss aber auch sagen: Die speziellen Nahrungsmittel sind deutlich teurer. Leider habe ich den Eindruck, dass einige Hersteller versuchen, aus den Intoleranzen Profit zu schlagen. Da werden zum Teil Produkte als „lakttosefrei“ beworben, die eigentlich von vorne herein keine Milcherzeugnisse erhalten.

Koch: Bei Histamin ist das schwierig, das betrifft schließlich auch frische Lebensmittel wie Tomaten oder Erdbeeren. Aber auch hier gibt es langsam aber sicher spezielle Angebote, etwa histaminarmen Wein oder Essig.

Vielen Dank für das Gespräch.

*Unter anderem um den Unterschied zwischen Allergien und Intoleranzen geht es in unserem Experteninterview.