Service Letzte Änderung: 11.08.2022 16:14 Uhr

„Was macht eigentlich … eine Diabetologin?“

Dr. med. Sebahat Şat ist Fachärztin für Innere Medizin, Nephrologin, Hypertensiologin, und Diabetologin*. Im ambulanten Düsseldorfer Diabeteszentrum der DaVita Medical Group begleitet sie Patientinnen und Patienten mit allen Diabetesformen, insbesondere Diabetes mellitus Typ- 1 und -Typ 2. Sie erzählt, warum sie diese Spezialisierung gewählt hat, wie ihr Praxisalltag aussieht und warum die Aufgaben ihr Freude machen:

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© DaVita Medical Group
Dr. Sebahat Sat, Diabetologin am Düsseldorfer Diabeteszentrum der DaVita Medical Group

„Während meiner Facharztausbildung für Innere Medizin arbeitete ich auf einer allgemein internistischen Station. Dort hatte ich öfter mit Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ- 1 zu tun – also Menschen, die die Diagnose meist seit ihrem Kindes- oder Jugendalter haben. Ich merkte schnell: Diese Betroffenen sind Experten für ihre eigene Erkrankung. Sie verwendeten wie selbstverständlich Fachbegriffe und nutzten Insulinpumpen. Im Rahmen von ihren Akuterkrankungen brauchten sie fachliche Unterstützung und Klärung spezifischer Fragen, die mich als junge Ärztin herausforderten.

Das weckte mein Interesse am Thema Diabetes , so dass ich nach der Facharztprüfung zur Internistin ich in die Städtischen Kliniken Dortmund wechselte, um die Zusatzausbildung als Diabetologin zu absolvieren.

Seit 2009 arbeite ich im ambulanten Bereich und finde die Arbeit in dem Fachgebiet nach wie vor sehr spannend. Bei der Behandlung von Menschen mit Diabetes Typ- 1, spielen für mich zwei Aspekte eine besondere Rolle:

1. Es tut sich aus wissenschaftlicher und technischer Sicht viel auf diesem Gebiet. Jahrzehntelang  mussten alle Patientinnen und Patienten mit intensivierter Insulintherapie mehrmals täglich mit einem Pieks in den Finger ihren Blutzucker messen, ihren Insulin-Bedarf selbst ausrechnen und sich dann entsprechend Insulin spritzen. Unter Alltagsbedingungen sind durchschnittlich vier bis sechs Messungen erforderlich. Für die Besuche bei uns in der Praxis mussten sie noch ihre Daten in ein Tagebuch eintragen.  Inzwischen gibt es zahlreiche technische Möglichkeiten und Innovationen, die dieses Prozedere deutlich erleichtern können.

Eine kontinuierliche Glukosemessung (CGM) über einen kleinen Sensor unter der Haut ist ebenso möglich wie eine automatisierte Insulinabgabe über eine Pumpe (AID- System), die mit dem CGM- Gerät „kommuniziert“. Die Zuckerwerte und Pumpendaten können inzwischen auf das Handy übertragen werden.Verschiedene Apps und Algorithmen können beim Berechnen des Insulinbedarfs oder bei der Steuerung der Pumpe genutzt werden. Die CGM.-Systeme liefern den Patienten und uns Diabetologen eine lückenlose Aufzeichnung der Zuckerwerte über 24 Stunden. Es besteht auch die Möglichkeit der Konnektivität- so können zum Beispiel  Eltern von vor allem betroffenen Kindern oder Jugendlichen aus der Ferne auf die CGM- Daten ihres Kindes über ihre Handys zugreifen.

Noch zahlen einige Krankenkassen nicht jedem Betroffenen alle Geräte, die es bereits auf dem Markt gibt, aber die Verbreitung nimmt zu. Ich bin mir sicher, dass es in den nächsten Jahren viele weitere Entwicklungen geben wird, die den Betroffenen den Alltag erleichtern und die Stoffwechseleinstellungen positiv beeinflussen.

Für Menschen mit Diabetes war in der Vergangenheit sogar das Ausüben von bestimmten Berufen (wie Pilot, Busfahrer oder Polizist) erschwert beziehungsweise nicht möglich, da sie im Fall einer Unterzuckerung sich oder andere gefährden könnten. Durch die neuen technischen Möglichkeiten kann die Teilhabe am Arbeitsleben und Erhaltung der Erwerbsfähigkeit unterstützt werden.

2. Als Diabetologin habe ich einen engen und langjährigen Kontakt zu meinen Patientinnen und Patienten, die ich in der Regel alle drei Monate sehe.  Daraus entsteht oft ein persönliches Vertrauensverhältnis und ich freue mich sehr, wenn ich die Menschen in verschiedenen Phasen ihres Lebens begleiten darf.

Jede Situation ist anders und wir überlegen gemeinsam neue Lösungen für individuelle Herausforderungen: Junge Leute, die nach der Schule ein Jahr im Ausland verbringen; Frauen mit Typ-1 Diabetes, die schwanger werden wollen, Diabetiker, die fasten möchten (ob Heilfasten oder zu Ramadan… ); Extremsportler, die als Triathlet am Ironman auf Hawaii teilnehmen oder durch den Ärmelkanal schwimmen. All das ist mit engmaschiger ärztlicher Begleitung möglich. Es ist schön, wenn ich dazu beitragen kann, dass diese Wünsche trotz der Diagnose Diabetes in Erfüllung gehen.

Selbstverständlich bin ich auch mit schwierigen Situationen konfrontiert: Vor allem junge Erwachsene, die ihre Kontrolltermine nicht wahrnehmen oder Akzeptanzstörung bezüglich ihrer Erkrankung entwickeln; junge Frauen, die Insulin bewusst weglassen, um abzunehmen und sich damit zum Teil in Lebensgefahr begeben; Betroffene, die psychische Folgen entwickeln – zum Beispiel eine panische Angst vor Unterzuckung oder gar eine Depression.

Ältere Menschen mit Typ-1 Diabetes , die früher noch nicht so gut behandelt wurden und jetzt mit massiven Spätfolgen leben müssen, etwa diabetische Retinopathie mit deutlicher Einschränkung des  Sehvermögen oder einer Polyneuropathie mit Gefühllosigkeit oder ständigem Kribbeln bis hin zu Schmerzen in den Füßen.

Als Nephrologin und Diabetologin in einem Dialysezentrum sehe ich selbstverständlich auch viele Menschen mit Typ-1 Diabetes und diabetischen Nierenschäden bis hin zur Dialysepflichtigkeit, welche einen enormen Einschnitt im Leben der Betroffenen bedeutet.Auch in solchen Situationen müssen die Patienten vorbereitet und empathisch begleitet werden.

Das Besondere in der Diabetologie ist, dass sie ein lehrendes und Patienten bestärkendes Fachgebiet mit strukturierten Patientenschulungsprogrammen ist. Sie baut durch die Gruppen- oder Einzelschulungen auf einen optimalen Wissenstransfer und die Stärkung der Eigenverantwortung der Patienten. Die hier vermittelten Inhalte sollen die Kenntnisse über den Diabetes mellitus, die Folge- und Begleiterkrankungen sowie den Zusammenhang zwischen der Erkrankung, Ernährung und Lebensstil verdeutlichen. Unser Diabeteszentrum bietet alle strukturierten Patientenschulungen an und ich ermutige die Betroffen, sich in das Thema einzuarbeiten.

Als junge Medizinerin hat mich das Fachwissen der Patienten mit Typ-1 Diabetes erstaunt und beeindruckt. Heute weiß ich: Es ist für ihre Lebensqualität enorm wichtig, dass sie ein Stück weit ihr eigener Arzt beziehungsweise ihre eigene Ärztin sind.“

 

*Nephrologie: Spezialisierung auf die Behandlung von Nierenerkrankungen
Hypertensiologie: Spezialisierung auf die Behandlung von Bluthochdruck
Diabetologie: Spezialisierung auf die Behandlung von Diabetes

Thema des Monats: Erkrankungen bei Jugendlichen

Am 12. August 2022 ist der internationale Tag der Jugend. Die Vereinten Nationen riefen diesen Tag ins Leben, um die Bedeutung der Lebensphase hervorzuheben und die politischen sowie gesellschaftlichen Belange von Jugendlichen in den Fokus zu rücken. Anlässlich des Aktionstages geht es bei uns dieses Mal um Erkrankungen, die Jugendliche häufig betreffen.

Selbsthilfegruppen können beim Umgang mit Erkrankungen unterstützen - auch Jugendliche und deren Eltern.
Ein Selbsthilfevereichnis von A wie ADHS und Adpositas bis Z wie Zöliakie und Zwangserkrankungen finden Sie bei der Kooperationsberatung für Selbsthilfegruppen, Ärzte und Psychotherapeuten (KOSA):