Service Letzte Änderung: 16.09.2022 12:03 Uhr Lesezeit: 4 Minuten

Was macht eigentlich … eine Psychoonkologin?

Evangelia Athanatou ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutin und Psychoonkologin. Seit Jahren hat sie sich als Psychoonkologin auf die Behandlung von Krebspatientinnen und –patienten spezialisiert. Sie arbeitet in eigener Praxis in Aachen. Hier erzählt sie von ihrem besonderen Beruf:

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© privat
Evangelia Athanatou

„Eine Krebsdiagnose ist immer ein Schock für die Betroffenen und deren Familien. Plötzlich dreht sich das Leben um unzählige existenzielle Fragen: Welche Behandlung ist die richtige für mich? Was hilft mir, diese Zeit physisch und psychisch zu überstehen? Wie geht es finanziell weiter, wenn ich nicht arbeiten kann? Wie geht es meinen Kindern, wenn sie mich leiden sehen? Kann ich das überstehen oder werde ich daran sterben?

In dieser Situation hilft eine psychoonkologische Begleitung. Man erlangt diese Spezialisierung  durch eine Weiterbildung (zertifiziert von der deutschen Krebsgesellschaft), die Experten aus verschiedenen Fachbereichen absolvieren können, zum Beispiel Ärzte, ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten, Sozialarbeiter und Seelsorger die in einem regelmäßigen Kontakt mit Krebspatientinnen und -patienten stehen. Ich bin Fachärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapeutin und Psychoonkologin. Das ist eine sehr gute Grundlage, um auch die medizinischen Zusammenhänge zu verstehen und meinen Patienten zu vermitteln. Ein Beispiel: Manchmal ist es für Patientinnen und Patienten schwer einzuschätzen: Ist mein Symptom eine Nebenwirkung der Therapie oder psychisch bedingt? Im weiteren persönlichen Gespräch mit dem Patienten können dann Wege raus aus der Leidensspirale entwickelt werden.

Ich arbeite in Kooperation mit meiner Kollegin Dr. Andrea Petermann-Meyer als niedergelassene Psychotherapeutin in Aachen. Wir gehören zu den wenigen Praxen, die sich ausschließlich auf die Psychoonkologie spezialisiert haben. Ich persönlich würde mir noch viel mehr niedergelassene Kolleginnen und Kollegen wünschen, denn wir sehen, wie groß der Bedarf ist. Es melden sich jede Woche wesentlich mehr Betroffene bei uns als wir aufnehmen können – und das ist sehr schade. Denn die psychoonkologische Therapie kann eine wichtige Unterstützung während und nach einer der Krebstherapie sein. Sie wird von den Krankenkassen in der Regel genauso übernommen wie andere Psychotherapien.

Manche Klienten kommen direkt nach der Diagnose zu uns beziehungsweise werden in der Klinik auf uns aufmerksam gemacht, wenn sie psychisch stark belastet sind. Andere haben schon einige Krebstherapien hinter sich, wenn sie sich bei uns vorstellen. Oft ist die Krebsbehandlung so eng getaktet, dass kaum Zeit bleibt, die eigenen Gefühle zu verarbeiten. Das Bedürfnis nach einer Psychotherapie kommt dadurch erst später. Viele Patienten stellen sich dann wegen starker Rezidivängste bei uns vor, teilweise werden auch Familienmitglieder mit in die Gespräche einbezogen.

Jeder bringt individuelle Fragen und Schwierigkeiten mit, aber eines steht immer im Fokus: die Autonomie unserer Klienten, die durch die Diagnose mit Gefühlen wie Ohnmacht und Hilflosigkeit konfrontiert sind. Viele haben Angst, ihre Entscheidungsfreiheit und damit ihre Würde zu verlieren. Das sollte nicht passieren. Wir helfen Wege zu finden, für sich selbst passende Entscheidungen zu treffen – nicht aus Angst! Das kann gehen von ‚Welche Behandlung möchte ich? Wo und bei wem?‘ über ‚Was brauche ich, damit ich mich besser fühle?‘ bis hin zu ‚Wie möchte ich sterben und was will ich bis dahin noch regeln?‘.

Mich erfüllt die Arbeit als Psychoonkologin sehr. Das hat viele Gründe. Zum einen macht es mir Spaß ein großes, interdisziplinäres Netzwerk zu pflegen, das meinen Klientinnen und Klienten hilft, sei es Ernährungsberatung, Physiotherapie, Sozialarbeit oder die Selbsthilfe. Zum anderen lerne ich die Menschen in einer existentiell bedrohlichen Situation kennen. Wir bauen Vertrauen zueinander auf und ich darf sie ein Stück ihres Weges begleiten. Dadurch können in den gemeinsamen Gesprächen individuelle Wege zur Erholung, Heilung und Konsolidierung entwickelt und umgesetzt werden.. Ich kann nur raten: Holen Sie sich nach der Diagnose alle Hilfe, die Sie benötigen. Fragen ist immer gut. Und wenn es nicht direkt mit einem Therapieplatz funktioniert, gibt es zumindest noch andere Stellen, zu denen weitervermittelt werden kann.“

Thema des Monats: Brustkrebs

In unserem "Thema des Monats" geht es im September 2022 um Brustkrebs. Anlass ist der Aktionstag gegen Brustkrebs am 24. September in Düsseldorf und der Brustkrebsmonat Oktober der Deutschen Krebshilfe.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier:

Deutsche Krebsgesellschaft

Krebsgesellschaft NRW

Frauenselbsthilfe Krebs

Mammographie-Screening-Programm